25.03.2021

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Ziel ist eine inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen ein selbstbestimm­tes Leben führen können

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSG) beschlossen. Damit überführen wir die EU-Richtli­nie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act, kurz: EAA), die am 27. Juni 2019 in Kraft getreten ist, in nationales Recht.

Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen ein selbstbestimm­tes Leben führen können. Hierzu haben wir uns mit der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Barrierefreiheit. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf dient vor allem der gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Barrierefreiheit hat aber auch das Potenzial, das Leben aller Menschen leichter zu machen. Das gilt nicht nur für abgesenkte Bordsteine oder Aufzüge in öffentlichen Einrichtun­gen. Besonders deutlich wird der Wert von Barrierefreiheit auch bei der digitalen Kommunikation, bei der Gestaltung von Internetseiten, beim Online-Handel oder bei Bankdienstleistungen. Hier werden viele Möglichkeiten der digitalen Technik, die vor allem auch älteren Menschen den Zugang erleichtern könnten, von den Unternehmen noch immer nicht ausreichend genutzt.

Das Gesetz setzt die Vorgaben der EU-Richtlinie eins zu eins um. Es sieht im Einzelnen folgende Regelungen vor:

- Einheitliche Standards für Barrierefreiheit in der EU.

Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie legen wir die Anforderungen an die Barrierefreiheit einheitlich fest. Das gilt für technische Anforderungen sowie für die barrierefreien Informationspflichten für bestimmte Produkte und Dienstleistungen. Klare und einheitliche Standards stärken den Binnenmarkt. Unterneh­men können barrierefreie Angebote preisgünstiger EU-weit anbieten.

- Die Standards sollen wirksam kontrolliert werden.

Dies stellen die Bundesländer im Zuge der Marktüberwachung sicher. Dabei werden sie von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und der Bundesnetzagentur unterstützt. Sie übernehmen die Kommu­nikation mit der EU-Kommission und anderen EU-Mitgliedstaaten.

- Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten mehr Rechte.

Verbraucherinnen und Verbraucher können bei der Marktüberwachungsbehörde anzeigen, wenn bestimmte Produkte oder Dienstleistungen den Anfor­derungen zur Barrierefreiheit nicht entsprechen und sie diese daher nicht oder nur eingeschränkt nutzen können. Dabei können sie die Beseitigung des Ver­stoßes verlangen.

Wird dies von der Behörde abgelehnt, steht den Antragstellenden der Rechts­weg zu den Verwaltungsgerichten offen. Dazu können sie sich durch einen Verband vertreten lassen. Der Verband kann auch an Stelle der Verbraucherin oder des Verbrauchers im eigenen Namen handeln (gesetzliche Prozessstandschaft). Auch ein eigenes Verbandsklagerecht für Verbände und qualifi­zierte Einrichtungen ist vorgesehen.

Daneben steht das niederschwellige Schlichtungsverfahren der Schlichtungs­stelle nach Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Schlichtungsstelle BGG) für eine außergerichtliche Klärung zur Verfügung.

- Keine Überforderung von Kleinstunternehmen.

Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten, sind von den Anforderun­gen an die Barrierefreiheit ausgenommen. Sie werden jedoch Beratungsange­bote durch die Bundesfachstelle Barrierefreiheit erhalten, wie sie die Barriere-freiheitsanforderungen ebenfalls so weit wie möglich umsetzen können.

Das Gesetz soll im Kern zum 28. Juni 2025 in Kraft treten. Einzelne Regelugen, die Verordnungsermächtigungen enthalten, treten bereits am Tag nach der Ver­kündung in Kraft.